Schon gewusst: Sie können ein Erbe ausschlagen. Aber warum sollten Sie das tun? Etwas erben hat für viele grundsätzlich einen positiven Hintergrund. Wenn man erbt, kann man sich freuen. Oder? Es ist nicht immer so, dass man sich unter einem Erbe einen großen Geldbetrag vorstellen muss, den man ganz für sich alleine bekommt. Das Erbrecht kennt viele Fälle, wo das Erben gar nicht nur Freude, sondern ausgedehnte Unstimmigkeiten und sogar Rechtsstreitigkeiten nach sich zieht. In manchen Fällen wird das Erbe ausgeschlagen – unter Umständen sogar von allen möglichen Erben. Unser 11880.com-Rechtsanwalt-Ratgeber sagt Ihnen, wann auch Sie Ihr Erbe ausschlagen sollten.
Wann bin ich ein Erbe?
Doch bevor Sie ein Erbe ausschlagen können, müssen Sie natürlich erst einmal als Erbe infrage kommen. Das kann auf zweierlei Weise gegeben sein:
- Durch die gesetzliche Erbfolge
- Durch Nennung im Testament
Wenn Sie in einem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser standen, können Sie zum Kreise der Erben gehören. Allerdings erben immer die nächsten Verwandten oder Ehegatten zuerst. Oder, wenn Sie fern oder gar nicht verwandt mit dem Erblasser waren, aber im Testament explizit als Erbe genannt wurden, sind Sie ebenfalls Erbe.
Erbe ausschlagen
Das Erbrecht sieht vor, dass jeder, der von seinem Erbe weiß und nicht binnen sechs Wochen das Erbe ausschlägt, dieses auch antritt. Wollen Sie das nicht, nutzen Sie die Frist, um Ihr Erbe auszuschlagen. Aber beachten Sie dabei die formellen Vorgaben und Fristen:
Erbe ausschlagen: Frist von 6 Wochen
Von dem Tag an, an dem Sie von Ihrem Erbe erfahren haben, gilt eine sechswöchige Frist, innerhalb derer Sie Ihr Erbe ausschlagen müssen. Wenn Sie diese Frist nicht einhalten, müssen Sie das Erbe antreten.
Das Nachlassgericht geht davon aus, dass Erben beim Tode naher Verwandter selbst Kenntnis erhalten. Bei entfernten Verwandten und/oder wenn jemand anderes das Erbe ausgeschlagen hat, ist das Nachlassgericht verpflichtet, entsprechend nachrückende Erben zu informieren.
Wichtig: Die Frist verlängert sich, wenn Sie selbst oder der Erblasser sich im Ausland aufhielten oder dort einen Wohnsitz haben.
Erbe ausschlagen formell
Sie wissen also durch das Anschreiben des Nachlassgerichts oder auch aus erster Hand vom Tod des Verwandten, bzw. von Ihrem bevorstehenden Erbe. Wollen Sie nun das Erbe ausschlagen, gelten dafür bestimmte formelle Regeln, an die Sie sich halten sollten:
- Sie erscheinen persönlich beim Nachlassgericht in Ihrer Stadt
- Zuständig ist aber auch das Amtsgericht des Bezirks, in dem der Verstorbene seinen Wohnsitz hatte
- Dort wird Ihr vorgetragenes Anliegen schriftlich erfasst und von Ihnen unterschrieben
- Die Sterbeurkunde nehmen Sie am besten direkt mit
Warum Erbe ausschlagen?
Die dritte Regel bei der Erbausschlagung betrifft den Inhalt. Ganz wichtig ist nämlich, dass Sie angeben, warum Sie Ihr Erbe ausschlagen wollen. Dazu gibt es einige Gründe:
Der Nachlass ist überschuldet
Wenn Sie es nicht aus dem Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen ohnehin schon wissen, vergewissern Sie sich vor dem Antritt des Erbes, ob und wie hoch der Nachlass verschuldet sein könnte, denn auch Schulden werden mitvererbt. Prüfen Sie die finanziellen Aspekte rund um den Erblasser, holen Sie Informationen ein, prüfen Sie Kontoauszüge, Schuldeninformationen, Grundstücke, Immobilien – einfach alles, was zum Erbe dazugehört. Denn hier können sich auch Verbindlichkeiten, Kreditpflichten und Schulden zeigen, die im Endeffekt für ein verschuldetes Erbe sorgen könnten. In diesem Fall sollten Sie das Erbe ausschlagen.
Selbst als Erbe verschuldet oder insolvent
Manche tendieren auch zur Erbausschlagung, weil sie selbst verschuldet sind und sie den Geldsegen nicht ihren Gläubigern überlassen wollen. In diesem Fall sollten Sie jedoch nicht Ihr Erbe ausschlagen, sondern es lieber als Chance zum Neuanfang sehen.
Anders gestaltet sich das Ganze allerdings, wenn Sie sich als Erbe in der Privatinsolvenz befinden. Dann nämlich – während der Wohlverhaltensperiode – geht das halbe Erbe an den Insolvenzverwalter. Detaillierte Informationen zur angrenzenden Verbraucherinsolvenz finden Sie hier.
Kostenfalle Immobilienerbe
Eine Immobilie zu erben, ist eigentlich eine sehr gute Sache, schließlich gelten Immobilien als eine hervorragende Art der Altersvorsorge. Der Schuss kann aber gründlich nach hinten losgehen, wenn Sie eine sanierungsbedürftige Immobilie erben. Stellen Sie sich vor, Ihre „neue“ Immobilie muss eigentlich schon seit Jahren ganz dringend einer energetischen Sanierung unterzogen werden. Die Kosten für ein neues Dach, neue Fassaden, Heizungsanlagen und Co. könnten Ihre Altersvorsorge eher noch bedrohen. Daher prüfen Sie gerade bei Immobilien in Erbmassen ganz genau. Bevor Sie eine sanierungsbedürftige Immobilie erben, lieber Erbe ausschlagen!
Teilausschlagung nicht möglich
Dabei wäre es allerdings nicht möglich, sich nur die sprichwörtlichen Rosinen aus dem Erbe herauszupicken und etwa nur die sanierungsbedürftige Immobilie nicht zu erben. Wenn Sie Ihr Erbe ausschlagen, dann komplett. Auch der Pflichtteil fällt dann weg, also der Erbteil, der Ihnen gesetzlich zusteht.
Wenn alle das Erbe ausschlagen
Den teilen dann für gewöhnlich die anderen Erben unter sich auf oder der Staat übernimmt, falls alle das Erbe ausschlagen. Das gesamte Vermögen aus dem Erbe geht an den Staat über, der damit alle eventuell vorhandenen Gläubiger bedient, bis das Kapital verbraucht ist. Alle Verbindlichkeiten, die danach noch bestehen, werden nicht durch den Staat beglichen.
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