Erbrecht

Wenn das Vermögen eines Menschen durch dessen Ableben den Besitzer wechselt, geht dies nicht immer ohne Unstimmigkeiten und Rechtsstreitigkeiten vonstatten. Vor allem, wenn kein Testament die direkten Erben bestimmt und die möglichen Erben sich um die Erbschaft und dessen Verteilung streiten, muss ein Fachanwalt für Erbrecht schlichten. Unser 11880.com-Rechtsanwalt-Ratgeber erklärt die wesentlichen Punkte im Erbrecht und sagt Ihnen, wie ein Erbschaftsstreit unter Hinterbliebenen verhindert werden kann.

Gesetzliche Erbfolge

Erbrecht
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Generell gelingt dies Anwälten für Erbrecht schon allein durch den schlichten Verweis auf die gesetzliche Erbfolge. Darin sind nämlich alle Erben mit Bezug auf ihr Verwandtschaftsverhältnis zum Erben und untereinander genau aufgeführt. Dabei geht es um Verwandte verschiedener Kategorien, wobei die oberste Priorität die Erben der ersten Kategorie haben. Dabei handelt es sich um direkte Nachkommen des Erblassers. Danach folgen die Eltern, dann Großeltern und danach sonstige Verwandte. Ein Verwandter kann in dieser Erbfolge nicht erben, solange ein Verwandter der übergeordneten Gruppe vorhanden ist. Die Kategorien in der Übersicht verdeutlichen die familiäre, gesetzliche Erbfolge:

Erste Kategorie: Kinder, Enkel, Urenkel

Beispiel: Der Erblasser hat eine lebende Tochter. Sein Sohn ist bereits verstorben, hatte aber seinerseits zwei Kinder. So erbt die Tochter die Hälfte, die beiden Enkel jeweils 1/4 der Erbmasse.

Zweite Kategorie: Eltern des Erblassers, deren Kinder und Kindeskinder, d.h. Geschwister, Neffen, Nichten des Erblassers

Beispiel: Der Erblasser verstirbt kinderlos, das heißt die erste Kategorie der Erben fällt weg. Der Vater des Verstorbenen ist ebenfalls bereits tot, somit übernehmen dessen Kinder sein geteiltes Erbe. Hatte der Vater des Erblassers zwei Kinder, erhalten beide jeweils 1/4 des Erbes, die noch lebende Mutter die Hälfte.

Dritte Kategorie: Großeltern und deren Kinder und Kindeskinder, d.h. Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen.

Beispiel: Die Eltern des Erblassers sind beide verstorben, es gibt nur noch eine lebende Großmutter, die eine lebende Tochter hat, sowie zwei lebende Onkel des anderen Großelternpaars. So erhält die Großmutter ein Viertel, wie auch ihre Tochter und jeweils auch die Onkel des anderen Großelternpaares.

Vierte Kategorie

Hier geht es wiederum eine Generation weiter, wobei man hier – also bei den Urgroßeltern – nur noch selten mögliche lebende Erben vorfindet. Hier erben dann ausschließlich die Nächstverwandten, nicht Verwandte 2. oder 3. Grades.

Achtung: Ehegatten konkurrieren mit den Verwandten der ersten und zweiten Kategorie sowie mit dessen Großeltern!

Generationen-Hackordnung

Kinder des Erblassers stehen also an erster Stelle in der gesetzlichen Erbfolge. Sofern eines der Kinder seinerseits schon verstorben ist, treten dessen Kinder an seine Stelle. Sind auch diese verstorben, erben die Urenkel. Sofern aber die jeweils jüngere Generation noch lebt, schließt sie die ältere in der Erbreihenfolge aus. Also sofern Kinder leben, schließen sie die Enkelkinder aus, die wiederum die Urenkel ausschließen.

Achtung: Stiefkinder gehören nicht in die erste Kategorie der Erben!

Testament erstellen

Wenn Sie der gesetzlichen Erbfolge etwas ganz persönliches hinzufügen oder von dieser abweichen wollen, können Sie ein Testament erstellen. Dazu können Sie sich bei einem eigenhändigen Testament von einem Notar beraten lassen. Inhaltlich entscheiden Sie im Testament selbst, wie Sie Ihr Erbe nach Ihrem Tod verteilt wissen wollen. Dabei können Sie Anteile entgegen der Erbfolge anders verteilen oder auch Personen mit einbeziehen, die gar nicht zur Verwandtschaft zählen. Die Testamentseröffnung erfolgt durch das Nachlassgericht, das alle Beteiligten schriftlich benachrichtigt.

Beachten Sie: Erben, die überhaupt nicht zur Verwandtschaft zählen, haben den geringsten Freibetrag auf die Erbschaftssteuer und müssen somit die meiste Erbschaftssteuer zahlen.

Erbengemeinschaft

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Ergeht die Benachrichtigung über die Testamentseröffnung an mehrere Erben, spricht man von einer Erbengemeinschaft – sofern alle auch das Erbe angenommen haben. Zwischen den in der Gemeinschaft befindlichen Erben wird das vererbte Vermögen aufgeteilt. Die Erbengemeinschaft erbt aber immer auch die Verbindlichkeiten des Verstorbenen mit, weswegen es auch sein kann, das ein Erbe von einem Erben oder auch der gesamten Erbengemeinschaft abgelehnt wird. Ansonsten muss die Erbengemeinschaft eventuelle Verbindlichkeiten aus der Erbmasse begleichen Der Rest wird anschließend nach Erbquote verteilt. Dabei gilt es, die gesetzlichen Vorgaben der Erbreihenfolge, bzw. die Sondervorgaben aus einem eventuell vorhandenen Testament zu beachten.

Auseinandersetzungen in der Erbengemeinschaft

Nicht selten kommt es vor, dass es Unstimmigkeiten bezüglich der Verteilung des Erbes gibt. Das betrifft insbesondere schwierige Erbmasse, wie zum Beispiel Grundstücke. Hier kann ein Anwalt für Erbrecht, ein Notar oder auch das Nachlassgericht vermittelnd behilflich sein. Bei weiter bestehender Uneinigkeit kann zum Beispiel ein Grundstück oder eine Immobilie zwangsversteigert werden, wobei der Erlös in das Erbe fließt und vorschriftsmäßig aufgeteilt wird.



Annahme der Erbschaft

Natürlich werden Sie solche Prozesse nur mitgestalten, wenn Sie Ihr Erbe antreten. Das ist zunächst einmal automatisch, ohne weiteres Zutun, der Fall, zum Beispiel wenn Sie direkter Verwandter des Erblassers waren. Im Wesentlichen aber treten Sie ein Erbe an, wenn Sie die Ausschlagungsfrist verstreichen lassen. Zudem geben auch besondere Verhaltensweisen eines potenziellen Erben Aufschluss darüber, dass er das Erbe nicht ausschlagen wird:

  • Beantragung eines Erbscheins
  • gesonderte Erklärung über die Einwilligung
  • Sie machen Ihre Erbschaftsansprüche gegenüber Dritten wirksam
  • Verhalten, dass auf Annahme der Erbschaft schließen lässt
  • Erbschaftsverkauf

Ausschlagung der Erbschaft

Werden Sie nicht entsprechend aktiv, sind Sie ein möglicher Erbe. Sie haben aber grundsätzlich eine Frist von sechs Wochen nach Tod des Erblassers, um die Erbschaft auszuschlagen, falls Sie Kenntnis davon haben, dass Sie gesetzlicher Erbe sind.

Ausnahme zur Frist der Erbschaftsausschlagung: Hatte der Erblasser oder ein Erbe seinen einzigen Wohnsitz im Ausland, beträgt die Frist aus Erbschaftsausschlagung sechs Monate.

Wie schlägt man ein Erbe aus?

Die Ausschlagung erfolgt schriftlich beim zuständigen Amtsgericht, in dem der Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz hatte oder wenn Sie in einem anderen Ort wohnen, beim Nachlassgericht. So oder so bringen Sie die Sterbeurkunde am besten direkt mit. Aber warum sollten Sie überhaupt Ihr Erbe ausschlagen?

Erbe ausschlagen, Gründe:

  • Erbe ist überschuldet
  • Nachlass ist verschuldet
  • Sanierungsbedürftige Immobilien
  • Sie befinden sich in der Privat-, bzw. Verbraucherinsolvenz

Dabei kann ein Erbe aber nicht nur zum Teil ausgeschlagen werden, sondern nur komplett. Das betrifft dann aber auch den Pflichtteil! Schlagen alle das Erbe aus, übernimmt der Staat das Erbe. Darin verbliebene Schulden tilgt der Staat, sofern die Erbmasse das hergibt. Zusätzlich kommt der Staat aber nicht für eventuelle zusätzliche Schulden auf, das heißt, dass die Schuldner leer ausgehen. Detaillierte Informationen zum Thema „Erbe ausschlagen“ finden Sie auch hier.

Erbschaftssteuer

Doch der Staat wird sich auch bei Ihnen melden, wenn Sie Ihr Erbe antreten und sich daraus für Sie ein gewisser Geldsegen ergibt. Je nach Verwandtschaftsverhältnis gelten Erbschaftsfreibeträge. Sie können folgende Summen frei von der Erbschaftssteuer erben:

  1. Freibetrag Erbschaftssteuer für Ehepartner oder Lebenspartner in eingetragener Lebenspartnerschaft: 500.000 €
  2. Freibetrag Erbschaftssteuer für Kinder, Enkel, deren Eltern verstorben sind, Stief- und Adoptivkinder: 400.000 €
  3. Freibetrag Erbschaftssteuer für Enkelkinder: 200.000 €
  4. Freibetrag Erbschaftssteuer Eltern und Großeltern bei Erbschaft: 100.000 €
  5. Freibetrag Erbschaftssteuer bei Schenkung für Eltern, Großeltern, Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehepartner, oder Lebenspartner in aufgehobenen Lebensgemeinschaft: 20.000 €
  6. alle weiteren Empfänger der Erbschaft oder Schenkung: 20.000 €

Um die Erbschaftssteuer zu umgehen, bieten sich als Alternativen auch Schenkungen zu Lebzeiten an. Hier können Sie – wiederum je nach Verwandtschaftsgrad – alle zehn Jahre Geldbeträge im o.g. Rahmen steuerfrei verschenken. Beachten Sie bei diesen Summen aber, einen sogenannten Schenkungsvertrag aufzusetzen. Genaueres dazu erfahren Sie hier.


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Wenn Sie kleine Beträge verschenken, müssen Sie noch nicht an einen Schenkungsvertrag denken. Bei größeren vierstelligen oder fünfstelligen Summen oder bei Sachwerten wie Immobilien ist es hingegen ratsam, einen solchen Vertrag aufzusetzen. Dadurch sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite und müssen sich auch nicht vor dem Finanzamt und dessen Forderungen fürchten.

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