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Verhältnismäßigkeitsprinzip

Verhältnismäßigkeitsprinzip

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein wichtiges Prinzip unseres Rechtsstaates, das nicht nur im Verwaltungsrecht Anwendung findet. In diesem Verwaltungsrecht aber gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip als einer der drei wesentlichen Grundsätze für (unter anderem) verwaltungsrechtliches Eingreifen in die Rechte der Bürger. Das ist es schließlich, was die Exekutive tut: Sie greift in die Rechte und das Leben der Untergebenen ein. Damit diese aber verhältnismäßig oder angemessen im Sinne des Grundrechts ist, wird auf sie das Verhältnismäßigkeitsprinzip angewendet.

Verhältnismäßigkeitsprinzip und Verwaltungsrecht

Waage
© mikanaka - istockphotos.com

Warum kommt das Verhältnismäßigkeitsprinzip für das Verwaltungsrecht in Frage? Die Verwaltung eines Staates, eines Bundeslandes oder auch – auf kleinster Ebene – einer Kommune ist charakterisiert durch das Verhältnis der staatlichen Obrigkeit und den Personen, die dieser Obrigkeit untergeben sind. Das Verwaltungsrecht regelt die Verhältnisse, in der Staat und Bürger zueinander stehen sowie viele Institutionen, die die Staatsgewalt repräsentieren, bzw. ausführen. Dabei greifen Verwaltungsorgane regelmäßig in die Grundrechte der Bürger ein.

Definition Verhältnismäßigkeitsprinzip

Dass dabei alles rechtens und legitim abläuft, das wird vom Verhältnismäßigkeitsprinzip bewacht. Es ist neben dem Vorrang und dem Vorbehalt des Gesetzes eines der drei wichtigen Grundprinzipien des Verwaltungsrechts und soll helfen, die Maßnahme und ihre Zwecke zum Eingriff in die Grundrechte ins passende Verhältnis setzen. Diese Verhältnismäßigkeit ist aber nicht für Verwaltungsorgane, sondern generell für alle Organe hoheitlicher Gewalt verbindlich. 

Die vier Grundsäulen des Verhältnismäßigkeitsprinzips

Grundsaeulen
© PaulFleet - istockphotos.com

Und wie auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip eines von drei Prinzipien im Verwaltungsgesetz ist, hat auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip seinerseits grundsätzliche Maximen:

Angemessenheit

Ein ganz wichtiger Punkt, denn eine Maßnahme wird nur dann als angemessen bewertet, wenn die Nachteile für die Gemeinschaft oder das Individuum nicht vollkommen die Vorteile überwiegen. Das betrifft im Einzelnen nicht ein Parkticket oder eine Geldstrafe, sondern Vorgaben verfassungsrechtlicher Natur oder Grundrechte, wie zum Beispiel im Falle Videoüberwachung zur Eindämmung von Kriminalität an öffentlichen Plätzen oder Bahnhöfen und die dazugehörige beispielhafte Frage: „Was ist schlimmer: gefilmt zu werden oder ausgeraubt zu werden?“

Erforderlichkeit

Wird kein milderes, besseres Mittel gleicher Eignung gefunden, um die Kriminalität an öffentlichen Plätzen oder Bahnhöfen dauerhaft durch andere Mittel zu lindern, besteht in diesem Beispiel Erforderlichkeit zur Videoüberwachung, also zu Kameras. Sie führen letztlich zu geringerer Belastung der Allgemeinheit durch den Rückgang der Kriminalität an den überwachten Orten. 

Eignung / Geeignetheit

Die Kameras – um in diesem Beispiel zu bleiben – sind also bestens geeignet, um den Zweck der Entlastung zu erfüllen. Geeignetheit bestimmt sich im Verhältnismäßigkeitsprinzip durch den direkten Zusammenhang einer Maßnahme zur Linderung oder gar zur Lösung eines Problems. In unserem Beispiel wäre etwa die Schließung des Bahnhofes oder des öffentlichen Platzes ungeeignet.

Legitimität

Grundsätzlich, bzw. „grundgesetzlich“ muss eine Maßnahme stets legitim im Sinne des Grundgesetztes sein. Ist sie es nicht, ist sie natürlich auch nicht verhältnismäßig im Sinne des  Verhältnismäßigkeitsprinzips.

Übermaßverbot

Wenn staatliche Eingriffe schließlich unverhältnismäßig oder gar übermäßig werden, greift das Übermaßverbot. Das rechtsstaatliche Prinzip gilt insbesondere im Bereich der Grundrechte und soll soviel Freiheit wie möglich gewährleisten, um gleichzeitig die Befriedigung von Interessen optimal zu gestalten. Gleichzeitig darf es aber auch kein Untermaß geben.

Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip will also Ausgewogenheit zwischen gegensätzlichen Interessen schaffen. Es ist vielleicht am meisten mit dem Bild von Justitia, der personifizierten Gerechtigkeit mit der Waage, darzustellen. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip findet im Wesentlichen Anwendung im Verfassungsrecht, im gesamten Öffentlichen Recht, im Strafrecht und im Verbraucherschutzrecht. 



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